Als ehedem einzigem an einer Medizinischen Fakultät durchgeführtem Tanztherapiestudium in Deutschland mussten die Lehrinhalte dem kritischen Blick von Medizinprofessoren standhalten. Wegen seiner strikten Orientierung an den in der Medizin geltenden wissenschaftlichen Kriterien hat dieses Tanztherapiestudium wohl wie keine andere Tanztherapieausbildung in Deutschland für Patienten jedweder Störung als am effektivsten zu gelten.
Universitäre Ausbildung nach den in der Medizin geltenden Kriterien qualifiziert die Absoloventen optimal für ihre berufliche Tätigkeit in der Tanztherapie. Tanztherapie wird definiert als bindungsorientierte, erlebnisvertiefende psychodynamische und kognitiv ausgerichtete künstlerische Verhaltenstherapie.
Die Leiterin der Aus- und Weiterbildung Tanztherapie:
„Tanztherapie ist eine künstlerische, nonverbale, ressourcenorientierte Therapieform. Sie basiert auf der Tanzkunst, der Bewegungsanalyse und auf therapeutischen und humanistischen Kompetenzen. Beim Therapeuten wird die Beherrschung und der professionelle Umgang mit den vorgenannten Parametern vorausgesetzt. Des weiteren sind Musikalität, Kreativität und Phantasie wesentliche Bestandteile einer professionellen Tanztherapie. Künstlerische Tanztherapie ist abzugrenzen von Gesprächstherapie oder Psychotherapie mit Bewegung, Bewegungstherapie, Physiotherapie, Psychomotorik und freier Improvisation bzw. reinem Ausagieren.“
Hierzu ein Zitat von Mary Wigman:
„Viele Merkmale weist der seinem lebendigen Instrument verhaftete Mensch auf, die ihn eindeutig als Tänzer kennzeichnen. Das untrügliche Zeichen seiner Tänzerschaft aber ist das Auge, dessen Blick sich mit der einsetzenden Konzentration auf den tänzerischen Vorgang verwandelt und den Tanzenden stigmatisiert.
Dieser jedem Tänzer eigentümliche Blick ist ein Sehen ohne wahrzunehmen, ist ein die Umwelt durchdringendes Schauen in die Weite, in den Raum, ins Nichts. Der Tanzende löscht die Welt der Realitäten um sich aus und beschwört in sich das Bild seiner inneren Schau. Der starre Glanz des tänzerischen Auges ist nicht leblos, denn er ist der Spiegel jener geheimnisvollen Kräfte, die gestaltschaffender Antrieb sind. Die jeweilige Tanzgestaltung bestimmt auch den Blick des Tänzers. Der tänzerische Blick ist ein visionäres Schauen… Wer den tänzerischen Blick nicht hat, ist kein Tänzer.“ (Zivier, 1956. Harmonie und Ekstase. Mary Wigman. Berlin: Akademie der Künste. S. 19.)
Aus universitärer Sicht zählt Tanztherapie zu den künstlerischen Therapien. Als solche versteht sie sich als angewandte Tanzpsychologie in der doppelten Bedeutung des Worts als adressatenbezogene Interpretation von Sinn und Gehalt tänzerischer Materialität im Hinblick auf eine beabsichtigte Wirkung und als ihre spezifische Funktionalisierung im Hinblick auf die jeweiligen Erfordernisse in einem weiten Spektrum tanztherapeutischer Berufsfelder [1]. Zum einen wird also aus der Art der Konfiguration des verwendeten Bewegungsmaterials auf den Bedeutungsgehalt eines Tanzes oder einer Bewegungsimprovisation geschlossen und zum anderen werden Tänze oder Substanzen daraus diagnosespezifisch für therapeutische Ziele verwendet. Hierzu werden die vier Merkmale eines Bewegungsgeschehens Körper, Raum, Energie und äußere Form und Struktur im Sinne der Erweiterung des Bewegungsrepertoires und zur bewussten Choreographie der Lebensmelodie diagnostiziert und trainiert.
Tanztherapie als psychotherapeutisches Verfahren unterliegt den in der Psychotherapie geltenden drei Stufen Remoralisierung, Remediation und Rehabilitation.
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In der Phase der Remoralisierung soll Zuversicht, Glauben an sich selbst, Optimismus, Hoffnung und Vertrauen in die eigenen Ressourcen wie auch in die therapeutische Kunst vermittelt und damit eine erfolgreiche compliance mit dem Therapeuten hergestellt werden. Im Zustand von Entspannung, Gelassenheit und aktivem Mittun kann die künstlerische orientierte Tanztherapeutin anhand diverser Spiele die entscheidenden Kriterien finden, ohne die Patienten Tests und Befragungen unterziehen zu müssen. Diese auf fundiertem Bewegungsbeobachtungstraining basierende Phase gilt als die besonders bedeutsame Phase der Diagnostik. In ihr wird ressourcenorientiert ermutigt, indem auf das Verhalten im Raum als fiktiver Welt geachtet wird und die innere Energie unter den Aspekten der Vertikale (Kraft und Selbstrepräsentanz), Horizontale (Kinesphäre, Raum- und Beziehungsebene), Sagittale (Zeit- und Entscheidungsfindung) und des Bewegungs- und Muskel-spannungsflusses (Fluss eines Geschehens als emotionale Ebene) untersucht und geübt und mit den zugehörigen bedeutungstragenden Formen in Gestik und Körperhaltung in Beziehung gesetzt werden. Aus einem solcherart bewusst gemachten Verhalten wird auf den Rhythmus (R) der Energie (E) und ihrer Struktur (S) in der Körperbewegung geachtet und zur Auswertung des Therapieerfolgs in ein RES-Profil eingetragen.
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Die Phase der Remediation widmet sich dem eigentlichen Leiden. Sie umfasst eine immense Spannweite an methodischen Ansätzen. Je klarer die Hinweise der auf Bewegungsbeobachtung fußenden Diagnostik ausfallen, desto zielstrebiger kann das individuelle Therapieziel angegangen werden. In dieser Stufe der Erlebnisvertiefung werden die RES-Anteile in der Expressivität von Selbstkundgabe, Hörer-/Zuschauerbezug und Effektivität und Effizienz verfolgt und im nonverbalen Kommunikationstraining mit erfahrungsvertiefenden und -modifizierenden Methoden variiert. Anhand von kausalattribuierenden Techniken wird versucht, zum Umgang mit eigenen und fremden Persönlichkeitsstilen zu befähigen, die Sinnprinzipien von Leidenstypen zu verstehen und mit symbolhaltigen Ausdrucksstudien und choreographischen Gebilden geeignete psychische Abwehrmechanismen zu stabilisieren und in Energiehaushalt und Gestaltung seiner Lebensform eine optimistischere Sichtweise aufzubauen.
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Die Phase der Rehabilitation ermöglicht die Anwendung der in der zweiten Stufe gelernten Fertigkeiten und dient der Kontrolle, ob sie im Ernstfall angemessen angewendet werden können. Mögliche Situationen werden in der auf Kompetenztraining ausgerichteten Handlungsaktivierung simuliert.
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Tanztherapie als vornehmlich körper- und schwerkraftorientierte Richtung beeinflusst die Haltung, beansprucht und reguliert sinnesorganische und motorisch-physiologische Vorgänge. Darüber hinaus zielen die verschiedenen Formen der Bewegung und des Tanzes auf Partner- und Gemeinschaftserlebnis und verhelfen im Ausdruckstanz zu einem tieferen Verständnis seiner selbst und zu einem authentischen Verhalten.
Sofern Tanztherapie Musik als ein hauptsächlich den Bewegungsfaktor Zeit und die mit der Zeitgestaltung verbundenen Qualitäten bestimmendes, die persönliche Intonation, Stimmung und Resonanz betreffendes Medium verwendet, wählt sie diese sorgfältig aus, indem sie sie unter analogen musikpsychologischen Kriterien untersucht [2]. Künstlerische Tanztherapie geht schon aus diesem Grund über andere tanztherapeutische Richtungen hinaus, die die amerikanische Gesellschaft für Tanztherapie ADTA als „die psychotherapeutische Verwendung von Tanz und Bewegung zur Integration von körperlichen, emotionalen und kognitiven Prozessen des Menschen“ definiert.
Unter Tanztherapie wird in den USA eine 1966 in New York vollzogene Zusammenfassung von tänzerischen, bewegungs- und z. T. körpertherapeutischen Richtungen verstanden, die der physischen und psychischen Integration des Einzelnen und seiner Beziehungsfähigkeit dienen sollen. Während die kalifornische Bewegungstherapie vorwiegend auf die authentische Bewegung abzielt, an C. G. Jung angelehnt ist, ohne Musik, in Einzeltherapie und in einem eher kleinen Raum einer Privatpraxis stattfindet, spielt sich die von der Westküste der USA ausgehende Tanztherapie hauptsächlich in der Gruppe und mit Folklore-, Pop- und klassischer Musik in der Halle einer Klinik ab, betont den spielerisch-kreativen Aspekt und eher ein künstlerisches Lebensgefühl. Inzwischen hat sich das Methodenrepertoire erheblich erweitert und umfasst Elemente rhythmisch-musikalischer Erziehung und Tanzpädagogik ebenso wie tänzerisch-psychomotorischer Ansätze und des um 1970 aktuellen Sensivity- und Encountertrainings bis hin zu Erkenntnissen aus der Hirnforschung.
Berufsfelder der Tanztherapie
Das Berufsfeld der Tanztherapie umfasst ein weites Spektrum. Tanztherapie findet sich in der Kinder-, Jugend- und Gerontopsychiatrie, Sozial- und Pädiatrie, Neurologie, Onkologie, in Kur- und Rehabilitationszentren, Altenheimen, Forensik, Nachsorgeeinrichtungen und sozialpsychiatrischen Einrichtungen, darüber hinaus in der Prävention, wozu die Kinder-, Jugend- und Altenarbeit sowie Beratungsstellen zählen, und in der Entwicklungsförderung wie Behinderteneinrichtungen, Frühförderung, Sonder-, Förderung- und Integrationsschulen und -tagesstätten und Heimen.
Tanztherapie eignet sich bei körperlichen, emotionalen und kognitiven Störungen, vor allem zur Stressreduktion und zur Schaffung eines besseren Körpergefühls. Die amerikanische Gesellschaft für Tanztherapie nennt insbesondere:
- Autism: therapists connect on a sensory-motor level, provides a sense of acceptance and expands skills and cognitive abilities, increases maturity
- Learning Disabilities: develops better organizational skills, learns/experiences control and choice, higher self confidence, new inspirations to learn
- Mental Retardation: improves body image, social skills, coordination, and motor skills, promotes communication
- Deaf and Hearing Impaired: reduces feelings of isolation, provides inspiration for relationships
- Blind and Visually Impaired: improves body image, motor skills, and personal awareness
- Physically Handicapped: improves motor skills and body image, provides a way to communicate and express emotions
- Elderly: provides social interaction, expression, and exercise, alleviates fears of loneliness and isolation
- Eating Disorders: alters distorted body images which helps end destructive behaviors, discovers symbolic meanings
- Parkinson’s Disease: uses rhythm to help reduce body dysfunctions which improves motor abilities, balance, and use of limbs
- Holistic Birth Preparation: implores relaxation techniques to reduce anxiety, learn breathing techniques and release
Referenzen
Bertolaso, Yolanda (2003). Wege ebnen zur SelbstakepTanz, Bd. 9 (Pädagogik und Therapie)
Bertolaso, Yolanda (2004). Resilienz in Pädagogik und künstlerischer Tanztherapie. Lengerich: Pabst Publ.
Hörmann, Karl (2009). Tanzpsychologie und Bewegungsgestaltung. Grundlagen der Tanztherapie. Lengerich: Pabst Publ.
Hörmann, Karl (2009). Musik in der Heilkunde. Lengerich: Pabst Publ.
Fachzeitschrift
Musik-, Tanz- und Kunsttherapie. Zeitschrift für künstlerische Therapien im Bildungs-, Sozial- und Gesundheitswesen. Göttingen: Hogrefe 1988 ff., seit 2017 bei Pabst Science Publ. Lengerich
Weblinks
- American Dance Therapy Association
- BKT – Berufsverband für Künstlerische Therapien www.künstlerischetherapien.de